Mit dem Tourenvelo entlang der Küste Sardiniens

Im Folgenden liest du, wie wir (Martina und Adrian) mit dem Tourenvelo auf Entdeckungsurlaub auf Sardinien waren, wie wir diesen geplant haben und welche Parallelen wir zu Pedalmondo ziehen können.

Vorbereitung – das Land

Martina und ich sind generell keine Typen für Urlaub am Strand oder in einer all-inclusive Anlage. Wir suchen für den Urlaub meistens etwas mit mehr Erlebnisfaktor. Dieses Jahr war relativ schnell klar, es soll Sardinien sein. Denn gegen ein, zwei schöne Tage am Strand und die italienische Lebenseinstellung hatten wir ja nichts. Ausserdem sollen die Strände von Sardinien ja unglaublich schön sein.

Da ich mit Alex vor kurzem Pedalmondo gegründet hatte, lag es auf der Hand, Sardinien mit dem Tourenvelo zu entdecken. Wir wollten uns sportlich herausfordern und die Insel in einem langsameren Tempo erkunden. Uns lockte auch das Abenteuerfeeling. Fremdes Land, fremde Menschen mit anderer Sprache, ungewohnter Verkehr und Strassen. Natürlich interessierte es uns auch, wie sich andere Tourenvelo Vermieter aufstellten.

Vorbereitung – die Route

Wir waren beide noch nie auf Sardinien. Also recherchierten wir, wo sich eine solche Reise lohnen könnte. Nach der Konsultation von verschiedenen Blogs und geführten Tourenveloreisen war klar, dass es in den Südwesten gehen sollte. Starten würden in Cagliari, der Hauptstadt von Sardinien, wo wir unsere Tourenvelos mieten und dann gegen Westen fahren würden.

Der einzige Hacken daran: Nach der schönen Küstenstrecke müssten wir über eine sehr befahrene Hauptstrasse durch das Innere der Insel zurück nach Cagliari fahren, um die Tourenvelos wieder abzugeben. Der Rückstransport der Tourenvelos wurde vom Vermieter nicht angeboten.

Wir teilten die Route in fünf Tagesetappen auf, von denen wir wussten, wir würden die Distanz locker schaffen (40 bis 80 Kilometer pro Tag). Dann buchten wir uns geeignete Hotels oder Bed&Breakfasts. Wir sind beide strukturierte Planer, die gerne wissen, wo sie abends schlafen und die keine Lust haben, nach der Tour noch einen Schlafplatz zu suchen. Campen wäre eine Möglichkeit gewesen, doch trauten wir dem Mai-Wetter nicht ganz. (Das war eine goldrichtige Entscheidung. Mehr dazu später.)

Für die Suche nach dem geeigneten Vermieter von Tourenvelos und Mehrtagesreiseequipment brauchten wir etwas längern. Schliesslich wurden wir etwas ausserhalb von Cagliari fündig. Sardinia Grand Tour erfüllte alle Kriterien und wirkte sehr seriös. Wir tauschten uns auch noch über E-Mail aus und fanden auch die Betreuung vor der Miete sehr kompetent und vertrauenswürdig. Mehr zum gemieteten Material und dem Vergleich findest du weiter unten im Blog.

Vorbereitung – die Reise

Wir reisen gerne einfach und minimalistisch, so denken wir zumindest von uns selbst. Gleichzeitig mögen wir Komfort und eine gewisse Absicherung vor Eventualitäten. Deshalb packen wir doch öfter mehr für unseren Urlaub als wir eigentlich wollen. Man kennt’s! Bei einer Mehrtagestour mit dem Tourenvelo zählt aber jedes Gramm Gewicht und hier gilt definitiv, weniger ist mehr.

Nach der Tour planten wir ein paar Tage an der Küste mit dem Mietauto. So brauchte es halt doch etwas mehr Gepäck und so auch einen Reisekoffer, aus dem nicht alles mit auf die Velotour kam. Wir deponierten die Reisekoffer bei Sardinia Grand Tour. Das hatten wir vorher per E-Mail mit dem Vermieter ausgemacht.

Eingang zu Sardinia Grand Tour in Cagliari. Hier haben wir unser Tourenvelo gemietet.
Eingang zu Sardinia Grand Tour in Cagliari. Hier haben wir unser Tourenvelo gemietet.

Nachdem wir auf Sardinien gelandet waren, hatten wir noch einen Tag und eine Nacht in Cagliari, um uns anzuklimatisieren und anzukommen. Definitiv etwas was wir generell empfehlen – auch in Bern. Tipps wie du den ersten Tag in Bern verbringen kannst, findest du in unserem Blog.

Wie schon gesagt, liegt die Fahrradvermietung etwas ausserhalb vom Zentrum. Innerhalb von 10 Minuten erreicht man diese aber gut mit dem Taxi oder dem öffentlichen Verkehr.

Wir erhielten folgende Ausrüstung:

  • 2x Tourenvelo Bianchi – C-SPORT 2 mit einer Shimano Schaltung
  • 2x Ortlieb Hinterradtaschen 20L
  • 2x BRC Hinterradtaschen 18L (geschätzt)
  • 2x Ortlieb Lenkertaschen 6L
  • 2x Fahrradhelm

Marco von Sardinia Grand Tour erklärte uns die Ausrüstung. Wir tauschten uns über die geplante Tour aus und natürlich auch über Pedalmondo. Marco war wirklich sehr kompetent, hilfsbereit und nett. Wir verstauten unser Gepäck für die nächsten fünf Tage in die Gepäcktaschen. Im nächstgelegenen Supermarkt kauften wir Picknick und Wasser für den ersten Tag. Als wir alles erledigt hatten, konnte es endlich losgehen

Radreisetag 1 – Raus aus der Stadt: Mit dem Tourenvelo von Cagliari nach Pula

Unsere erste Etappe führte uns von Cagliari nach Pula. Wir sind uns in der Schweiz perfekt ausgeschilderte und top bearbeitete Fahrradwege gewohnt. Wir verliessen uns nicht darauf, dass es auf Sardinien ebenso ist, und planten am Vorabend die Route mit Komoot. Schon nach kurzer Zeit musste das Handy gezückt und die Karte zu Rate gezogen werden, denn die Inselstadt Cagliari ist überraschend gross und unübersichtlich.

Routenübesicht Cagliari - Pula
Routenübersicht Cagliari – Pula Quelle: Komoot

Zum Glück hatten die Lenkertaschen von Ortlieb (Pedalmondo verfügt über dieselben) ein Klarsichtfenster, wo es möglich ist, das Smartphone zu platzieren und dieses als Navi zu nutzen. An diesem Tag war es sehr heiss und nach rund einer halben Stunde mussten wir das Smartphone wegen drohender Überhitzung wieder entfernen. Sobald das Labyrinth der Stadt überwunden war, wurden die Fahrradwege abenteuerlicher. Velo stossen, Velo tragen. Es war das Abenteuer, auf welches wir ein wenig gehofft hatten.

Sardinien Radreise: Manchmal auch mit Hindernissen
Sardinien Radreise: Manchmal auch mit Hindernissen

Die Etappe an sich hatte nicht wirklich viel Sehenswertes zu bieten. Wir durchfuhren ein schier nie endendes Industriegelände, das grösstenteils einfach brach lag. Plus war es Samstag und die Fabriken, die noch in Betrieb waren, standen still und wir sahen praktisch keine Menschenseele. Zwischendurch war es wirklich etwas gruselig. Spannender waren auf jedenfall grosse Windkraft- und Solaranlagen, die zwischen den Industriegebäuden trotz Wochenende fleissig Strom produzierten.

Bis zum Ziel ging es nach Verlassen des Industriegeländes auf einer vielbefahrenen Nationalstrasse weiter bis nach Pula. Auf dem Dorfplatz präsentierte sich Dolce Vita in Mitten der Einheimischen, authentischem Essen und etwas müden Beinen. Die sardische Herzlichkeit, eine Dusche und ein weiches Bett waren unser Lohn. Die erste Etappe war geschafft und wir waren angekommen, mitten in unserem sardischen Abenteuer.

Reisetag 2 – Entlang sardischer Küsten: Von Pula nach Sant’ Anna Arresi

Routenübersicht Pula - Sant'Anna Arresi
Routenübersicht Pula – Sant’Anna Arresi

Gewisse Stellen am Körper mögen den zweiten Tag nicht so gerne. Unter anderem hatten wir den Fehler gemacht, keine Fahrradhandschuhe zu tragen, was taube und schmerzende Hände und Arme verursachte. Die Bianci Velos hatten zwar Handgriffverbreiterungen, aber bei weitem nicht so breit wie diese von Pedalmondo. Ausserdem war der Lenker tiefer eingestellt, was zu einer höheren Druckbelastung der Hände führte. Natürlich gab es noch andere Druckstellen, welche sich bei jedem Hinsetzen bemerkbar machten.

Strand mit Palmen
Strand nähe Pulas

Dennoch starteten wir nach erneutem Einkaufen von Verpflegung auf die wohl schönste Tagesetappe der gesamten Tour. Auch wenn Komoot uns eigentlich über die Berge schicken wollte, um so Distanz zu sparen, entschieden wir uns so gut wie möglich dem Meer entlang zu fahren. Diese Entscheidung war sowohl Segen als auch Fluch. Einerseits genossen wir die wunderschönen Küsten Sardiniens aber die passstrassenähnliche Strecke hatte es gleichzeitig in sich.

Die Küsten Sardiniens: Segen und Fluch für jeden Radreisende
Die Küsten Sardiniens: Segen und Fluch für Radreisende

Wir waren zeitenweise froh, schien die Sonne noch nicht in ihrer vollen Kraft, denn es war auch so schon genügend heiss und wir tranken Unmengen an Wasser, um unseren Wasserhaushalt stabil zu halten. Ein, zwei Steigungen liessen uns darüber philosophieren, bei der nächsten Tour noch weniger Gepäck mitzunehmen und auch das Gewicht besser zu verteilen.

Leider hatten wir keinen Frontgepäckträger, was die Gewichtsverteilung etwas schwieriger gestaltete. Fährt man so eine grosse Steigung gerät man dabei leicht in Rücklage.

Auch an diesem Tag fuhren wir strickt nach der Karte von Komoot, welche zum Teil etwas eigene Vorstellung eines Radweges hatte. Zwischendurch wären wohl Mountainbikes die bessere Wahl gewesen. So mussten wir die Velos ab und zu stossen.

Sardiniens Radwege - manchmal nicht ganz Tourenvelo tauglich
Sardiniens Radwege – manchmal nicht ganz Tourenvelo tauglich

Nach einem langen und heissen Tag kamen wir schliesslich in unserer Unterkunft an in welcher wir herzlich auf Italienisch begrüsst und bewirtet wurden (es gab drei selbstgebackene Kuchen zum Frühstück).

Reisetag 3 – Auf Radwegen unterwegs: Von Sant’ Anna Arresi nach Calasetta

Routenübersicht von Sant'Anna Arresi nach Calasetta
Routenübersicht von Sant’Anna Arresi nach Calasetta

Unseren dritten Tag starteten wir frisch erholt und die ersten Kilometer gingen wie von selbst, da das Gelände Richtung Meer leicht abfallend war und wir endlich gut befestigte, kaum befahrene Radwege vorfanden. Ausserdem waren unsere Körper die Belastung langsam gewöhnt und so machten wir schnell viele Kilometer. Abgesehen von den Radwegen machte das Wetter einigermassen mit, obwohl sich der Himmel immer mehr verdunkelte.

Sardisches Altstädtchen mit blühenden Pflanzen
Sardinien im Frühsommer: Es blüht

Vorbei an malerischen Städtchen und vielen bunten Blumen erreichten wir irgendwann die Meerenge zwischen der Hauptinsel und der Isola di Sant’Antioco im Südwesten Sardiniens. Die beiden Inseln wurden durch einen Damm verbunden, auf dem ein breiter Radweg vorzufinden war. In der Ferne konnten wir während der Fahr die berühmten, sardischen Flamingos bewundern.

Radweg zwischen Hauptinsel und der Isola Sant'Antioco mit links etwas Meer
Radweg zwischen Hauptinsel und der Isola Sant’Antioco

Als wir den Damm verliessen, kamen wir in das sehr malerische aber steile Küstenstädtchen Sant’Atioco – eine wahre Schönheit wo wir uns auf dem höchsten Punkt der Stadt auf dem Dorfplatz einen italienischen Kaffee gönnten. Danach ging es auf die letzten Tageskilometer, welche zuerst auf der Nationalstrasse und anschliessend auf der Schotterstrasse bewältigt wurden. Auf einer abgelegener Strasse trafen wir auf die nächste Herausforderung. Ein Hund, der sein Heim oder Vieh verteidigte. Wir trauten dem Hund nicht und kehrten um, fuhren einen kleinen Umweg. Angekommen im Hotel fing es an, leicht zu regnen, was uns aber nicht daran hinderte, zur Belohnung des Tages kurz in den Pool zu springen.

Reisetag 4 – Sardische Sintfluten – Von Calasetta nach Carbonia

Der vierte Tag sollte eigentlich von Calasetta nach Nebida führen, wo wir uns ein familiäres Bed&Breakfast reserviert hatten. Wir fühlten uns toll auf unseren Rädern und waren motiviert die rund 50km zu fahren.

Geplante Route Tag 4 Calasetta - Nebida
Geplante Route Tag 4 Calasetta – Nebida

Wir dachten, dass wir dem vorausgesagten Gewitter entkommen könnten. Aber nach einer kurzen Fahrt wurden wir kurz vor Carbonia von einer Gewitterwolke heimgesucht, die sich als hartnäckig rausstellen sollte. Wir standen teilweise bis zu den Waden im Wasser. Nach anfänglichen Versuchen trotzdem weiterzufahren, suchten wir schliesslich Schutz im Bahnhof von Carbonia und schauten den Fluten zu.

Überschwemmungen in Sardinien
Sintflutartige Regenfälle in Sardinien

Der Verkehr kam durch das Hochwasser langsam zum Erliegen und es mussten Strassen gesperrt werden. In der Ferne hörten wir die Sirenen und nach rund zwei Stunden warten begannen wir langsam zu frieren, da wir bis auf die Knochen nass waren. Wir entschieden uns, nicht mehr weiterzufahren und unsere Mehrtagestour hier zu beenden. Das Wetter war für den nächsten Tag nicht besser angesagt. Ausserdem riet uns Marco vom Veloverleih, dass wir für die letzte Etappe besser den Zug nehmen sollten. Die Strecke führte 80km über eine mehrspurige Bundesstrasse.

Statt also heute die Tour bis nach Nebida weiterzufahren entschieden wir uns in Carbonia ein Hotel zu nehmen und unsere Sachen zu trocknen.

Als wir das Bed&Breakfast in Nebida informierten, dass wir wegen des Unwetters nicht kommen, erlebten wir wiederum die sardische Gastfreundschaft. Der Host wollte uns in Carbonia, 30km von Nebida entfernt, abholen. Wir hatten aber das neue Hotel schon gebucht und lehnten deshalb dankend ab. Ausserdem konnten wir in Carbonia am nächsten Tag die Räder gleich auf den Zug verladen und direkt, ohne Zwischenhalt, auf Cagliari zurückfahren.

Fazit: Immer wieder gerne mit dem Velo unterwegs

Martina mit den zwei Mietfahrrädern
Rast im sardischen Schatten

Die Velotour durch Sardinien war definitiv ein Abenteuer und wir konnten viele Eindrücke sammeln, die wir mit einem anderen Transportmittel definitiv nicht gesammelt hätten. Gerade das Unwetter mit den Überschwemmungen, die sardischen “Radwege” über Stock und Stein und die bissigen Hunde waren Erlebnisse, die bleiben. Wir kamen den Menschen auf dem Velo definitiv näher als mit dem Auto. Überall wo wir durchfuhren, winkten Menschen.

Man muss auch dazu sagen, dass wir keine anderen Tourenvelofahrer getroffen haben. Wir waren also zu dieser Saison eher eine Rarität. Die Herzlichkeit der Sarden wird uns immer in Erinnerung bleiben. Wir wurden überall auf Italienisch oder Englisch angesprochen und wir verständigten uns manchmal auch mit Händen und Füssen. So kamen wunderbare und auch lustige Begegegnungen zustande.

Was uns immer wieder überzeugt, ist die langsame Art zu reisen. Details fallen so viel mehr auf und prägen sich besser ein. Man hält eher mal an, um die Aussicht zu geniessen und das eine oder andere Foto zu schiessen. Alles in allem, werden wir sicher bald wieder mit dem Velo reisen.